Wer im Januar mit der Pendelbahn Surlej – Murtèl hochgefahren ist, hat mit grösster Wahrscheinlichkeit unterhalb der Mittelstation Murtèl ein Pistenfahrzeug bei der Arbeit gesehen. Der Bau der Halfpipe ist im Gang. Für Laien ist nicht gut erkennbar, was jetzt genau gemacht wird. Wieso ist die halbe Halfpipe mit Schnee aufgefüllt? Reicht es nicht, den Schnee einfach entlang der Pipe-Wände festzupressen? Gibt es dazu nicht diese abgerundete Fräse?
Die Bauweise der Halfpipe Corvatsch – sozusagen der Rohbau – ist speziell. Die Pipe ist im Gegensatz zu anderen direkt im Boden eingebettet. Im Vergleich zu früheren Halfpipes wird deshalb weniger Schnee gebraucht. Trotzdem benötigt man für den Bau immer noch eine Menge Wasser: ca. 25‘000 Kubikmeter. Die Halfpipe Corvatsch ist eine so genannte SuperPipe, 22 m breit und 175 m lang.
Aus diesem Grund wird die Halfpipe auch erst Anfang Februar geöffnet. Es ist nicht möglich, zur Saisoneröffnung für Pisten und Halfpipe gleichzeitig genügend Schnee zu produzieren, vor allem in schneeärmeren Wintern wie dem aktuellen. Für den Bau der Halfpipe wird technischer Schnee benötigt, da dieser Schnee dichter ist und bei wärmeren Temperaturen besser hält. Wichtig ist, dass der technische Schnee trocken ist. Je trockener der Schnee, desto besser ist die Qualität. Es gibt keine Eisklumpen. So kann die Schneedecke kompakt und ohne Luftlöcher präpariert werden.
Sobald genügend Schnee produziert ist, fährt Carlo Rusterholz mit der Pistenmaschine vor. Carlo ist Halfpipe-Bauer und hat schon bei verschiedenen Grossanlässen mitgearbeitet, zum Beispiel bei den Olympischen Spielen in Peking (China) und PyeongChang (Südkorea).
Als unbedarfter Laie stellt man sich vielleicht vor, dass der Schnee vom Pipeboden aus mit dieser runden Schneefräse die Wand hochgepresst wird. Natürlich ist auch beim Halfpipe-Bau nichts so wie es scheint. Als Erstes stösst Carlo mit dem Pistenfahrzeug den Schnee auf die eine Seite der Pipe. Zur besseren Verdichtung wird mehrmals darübergefahren (Abb. 1). Je dichter der Schnee, desto besser wird die zukünftige Wandqualität. Nun beginnt Carlo, auf einer Seite Meter um Meter die Wand abzutragen. Damit sie schön gerade ist, hat er die Wand längs der ganzen Halfpipe mit der Motorsäge eingesägt. Ein 3D-Modell der Pipe ist im GPS der Pistenmaschine gespeichert. Zentimetergenau fährt Carlo den Pflug an die Wand, der Schnee fällt runter. Der runterfallende Schnee wird auf die andere Seite gestossen und für die gegenüberliegende Wand verwendet (Abb. 2).
Schicht um Schicht arbeitet sich so Carlo runter bis zum Boden. Die Wandhöhe und die Winkel sind bei allen Halfpipes gleich, jedoch kann die Breite und Länge variieren. Allfällige Löcher müssten von Hand wieder gefüllt werden.
Ist die eine Wand fertig, kommt die gegenüberliegende an die Reihe. Erst ganz am Schluss kommt die Schneefräse, Fachbegriff «Pipe Monster», zum Einsatz. Das Pipe Monster wurde von der Schweizer Firma Zaugg speziell für den Halfpipe-Bau entwickelt. Die Firma Zaugg ist weltweit die einzige Firma, die diese Maschinen herstellt. Mit dem Monster wird der Feinschliff an den Wänden ausgeführt. Das Prinzip ist dasselbe wie bei den Schneeschleudern.
Ist der Halfpipe-Bau beendet, hört die Arbeit für Carlo nicht auf. Statt tagsüber arbeitet er nun in der Nacht. Mit dem Pipe Monster wird die Halfpipe jede Nacht frisch geshapt, 20 Minuten werden pro Seite benötigt. Zwei- bis fünfmal muss über die Wände gefahren, die Wände auf Löcher untersucht werden. Schneit es, muss der gesamte Schnee rausgestossen werden. Dies im Gegensatz zur Pistenpräparation, wo die Pisten einfach höher werden. Am Schluss wird der Boden gemacht. Hier ist es wichtig, dass die Übergänge von der Wand zum Boden absolut stufenlos sind. Sechs bis acht Stunden benötigt Carlo pro Nacht, damit die Halfpipe Corvatsch am Morgen wieder in Top-Zustand ist.
Carlo freut sich auf die Halfpipe Contests anlässlich der Freestyle-Weltmeisterschaften im März 2025. Am 27. und 28. März finden die Qualifikationen der Freeskier und Snowboarder statt, am Samstag und Sonntag, 29. und 30. März, die Finals. Möchtest du die Weltmeisterschaften auf dem Corvatsch besuchen? Alles, was du benötigst, ist ein Skiticket für den Corvatsch bzw. ein Fussgängerticket Surlej – Murtèl – Surlej. Der Zugang zu den Wettkämpfen im Corvatsch Park ist frei.
Nach der WM finden Mitte April die Europa Cups in der Halfpipe statt, zusammen mit den Schweizer Meisterschaften im Slopestyle. Die Corvatsch AG hofft, in Zukunft nicht nur den FIS Freeski & Snowboard World Cup Corvatsch-Silvaplana in der Disziplin Slopestyle auszutragen, sondern auch in der Disziplin Halfpipe.
Möchtest du auch mal einen Sprung in der Halfpipe wagen? Die Halfpipe ist ab Anfang Februar täglich für alle geöffnet, nur während der Events und Trainingscamps ist sie nicht öffentlich zugänglich.